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2. Tag   LOS ANGELES

Schlaflos in L.A.
Der Drink hat nicht geholfen, der Jetlag schlägt gnadenlos zu. Ein Blick auf die Uhr, es ist erst 3.30 Uhr. Die Zeit vertrödeln oder vielleicht um den Block joggen? Ich kippe erst mal einen Kaffee in die trockene Kehle und überlege was ich heute ansehen möchte. Vom Vorhaben hinauf zum Hollywood Sign habe ich mich bereits verabschiedet. Der Zeitaufwand ist zu lang, dann das Parkplatzproblem und ich müsste in der Dunkelheit absteigen. Da fehlt mir glatt die Motivation dazu. Eine kurze Denkpause und dann schnappe ich mir die Kameratasche.

Millennium Biltmore
Ich spaziere in aller Ruhe durch das Millennium Biltmore. Das Biltmore ist ein historisches Hotel in Downtown Los Angeles. Kein anderes Gebäude war öfters in Kinofilme zu sehen, unter anderem in Beverly Hills Cop, Chinatown, Daredevil, Ghostbusters, In the Line of Fire, The Fabulous Baker Boys, The Sting, Vertigo und noch viele mehr. Das Biltmore wurde 1923 eröffnet und war damals das größte Hotel westlich von Chicago. Das Architektenbüro Schultze and Weaver, auch verantwortlich für das Waldorf Astoria Hotel, NYC, entwarf das Biltmore im Beaux Arts-Stil. Die Fassade in der Olive Street ist eine der schönsten Beispiele für diesen Architekturstil. Die Inneneinrichtung ist ein Mix aus Renaissance, Barock und Neoklassizismus. Ein Eye Catcher ist der Rendezvous Court mit einer maurischen Balkendecke und spanischen Barocktreppe. Die Treppe führt hinauf zur Galerie. Verschiedene Ballräume, von denen jeder wunderschön dekoriert ist, führen von der Galerie ab.

WDCH
Morgendämmerung auf Bunker Hill. Ich stehe vor der Walt Disney Concert Hall und The Broad – Dekonstruktivismus und Moderne Architektur. Der Blick auf die WDCH ist immer wieder faszinierend. Eine grandiose Symphonie aus Stahl und zugleich mein Lieblingsmotiv in Los Angeles. 2003 bekam die Stadt einen der umstrittensten öffentlichen Konzertsäle Amerikas, aber zugleich ein Bauwerk, dass heute als ein Meisterwerk der Architektur gilt. Paris hat den Eiffelturm, Sydney hat das Opernhaus, und Los Angeles hat die Walt Disney Concert Hall. Entworfen wurde die WDCH von dem Architekten Frank Gehry. Das Gebäude besteht aus Stahlpaneelen, mal glänzend, mal matt. Ich verbinde die WDCH mit einem Segelschiff oder einer Blütenknospe. Auf dem Dach der WDCH befindet sich sich ein wunderschön angelegter Garten. Inmitten des Gartens steht ein rosenförmiger Brunnen aus ca. achttausend Stück gebrochenem blau-weißen Delfter China Porzellan – Gehrys Hommage an Lillian Disney. Die Witwe von Walt Disney spendete $50 Millionen und legte damit den Grundstein zum Bau der Walt Disney Concert Hall.

Der Konzertsaal mit 2.265 Sitzplätze wirkt nüchtern im Vergleich zur extravaganten Außenarchitektur, hier musste sich Gehry dem Diktat der Akustiker beugen. Akustik-Designer Yasuhisa Toyota hat ganze Arbeit geleistet, klanglich zählt der Saal zu den besten der Welt. Das Design der großen Orgel hinter dem Orchesterpodium ist witzig. Die kreuz und quer aufgestellten Orgelpfeifen sehen aus wie gigantische Fritten, daher auch der Spitzname „French Fries.” Ein Jubiläum gibt es auch zu feiern – die Los Angeles Philharmoniker spielen ihre 100. Saison.

The Broad, Teil 1
Als ich DTLA vor 25 Jahren zum ersten Mal besucht habe, war es noch ein berüchtigtes Viertel. Seitdem hat der Handel mit Kunst das Stadtbild zum positiven verändert – unzählige Galerien wurden eröffnet und Künstler aus New York City und Europa haben sich mittlerweile hier niedergelassen. Der Wandel zu einer Kunstmetropole ist nirgendwo so deutlich sichtbar wie in Los Angeles.

Die britische Tageszeitung Independent schrieb einst: „In L.A. bist du nur so groß wie der Wert deiner Sammlung.” Jüngstes Beispiel ist das Kunstmuseum des Milliardärs und Kunstsammlers Eli Broad. The Broad wurde vom New Yorker Architektenbüro Diller Scofidio + Renfro entworfen und im September 2015 eröffnet. Das Konzept des Museums heißt „The Veil and the Vault.” Es besteht aus einer 3.250 m² großen Ausstellungsfläche und einem Tresor (The Vault). Das Museum ist von allen fünf Seiten, das Dach eingeschlossen, von einem Schleier (The Veil) umgeben. Das wabenartige Gebilde aus glasfaserarmiertem Weißbeton ist auf einem Stahlgerüst montiert, das sich über die Galerie erstreckt und gefiltertes Tageslicht ermöglicht. Wegen seiner durchbrochenen Fassade wird es auch „Cheese Grater” (Käsereibe) genannt. Anstatt den Tresor vor den Besuchern zu verstecken, spielt „The Vault” eine Schlüsselrolle vom Eingang bis zum Ausgang. Der schwere undurchsichtige Tresor ist immer im Blickfeld und schwebt in der Mitte des quadratischen Gebäude. Der Tresor beherbergt einen Lagerraum für Kunstobjekte, Büroräume, sowie einen Vortragssaal. Mit diesem Museum hat sich Eli Broad seinen Platz in der Kunstszene gesichert.

High School #9
Direkt gegenüber der Cathedral of Our Lady of the Angels befindet sich die Ramon C. Cortines School of Visual and Performing Arts, bekannt auch als Grand Arts High School #9. Gestaltet wurde das Gebäude von Coop Himmelb(l)au, jenes Architektenbüro das auch die BMW-Welt in München entworfen hat. Das Gelände ist für Besucher nicht zugänglich, daher sind die Bildgestaltungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Die besten Fotospots sind an der N Hill St oder N Grand Ave, direkt über dem Santa Ana Freeway.

Ich komme gerade zur 7-Uhr-Messe in die Kathedrale. Die moderne Architektur mit seinen klaren Kanten gefällt mir. Ein auffälliges Gebäude ist das United States Courthouse vorbei. Der quadratische Glaswürfel wirkt aber aus der Distanz imposanter. Nach dem Spaziergang gehe ich ins Blue Bottle. Das Toast mit Avocado sieht nicht nur lecker aus, sondern schmeckt auch sehr gut. Der Cappuccino ist perfekt gebrüht und schmeckt nicht so geschmacklos wie von Starbucks & Co. Nach diesem Wachmacher schlendere ich noch durch den Grand Central Market. Von den Essendüften wird mir so übel, dass ich die Fress-Location gleich wieder verlasse. Sehenswert ist immerhin das Neon-Kunstwerk von Lisa Schulte und Brendan Donnelly.

Pope of Broadway
Eloy Torrez’ mittlerweile 33 Jahre altes, 21 Meter hohes Mural des Schauspielers Anthony Quinn ist eine Ikone in DTLA. Im Laufe der Jahre wurde es mit Graffiti verunstaltet und durch die Sonneneinstrahlung und Smog ist die Farbe abgeplatzt und verblasst. José Huizar, Stadtrat von Los Angeles, sammelte $150.000 für das Restaurierungsprojekt. Anfang 2017 wurde die Restaurierung vollendet.

Bradbury Building
Gegenüber dem Grand Central Market befindet sich das Bradbury Building. Das äußerlich unscheinbare Ziegelgebäude aus dem Jahr 1893 gehört zu den schönsten historischen Bauten in Los Angeles. Der schmale Eingangsbereich öffnet sich zu einem kathedralenartig lichtdurchflutenden Innenhof. Der Innenbereich ist mit Ziegeln, Terrakotta, Marmor und Holz verkleidet. Eine Augenweide sind die geometrisch angeordneten Treppen und schmiedeeisernen Geländer zu den fünf Etagen. Der Aufzug ist immer noch funktionstüchtig, aber nur für Angestellte zugänglich. Auf Grund der engen Räumlichkeiten, extreme Dunkel- und Helligkeitsunterschiede ist es schwierig im Gebäude zu fotografieren.

Ich denke natürlich sofort an den Science-Fiction-Film „Blade Runner.” Dieser Filmklassiker von Regisseur Ridley Scott wurde an verschiedenen Locations in Los Angeles gedreht, unter anderem im Bradbury Building, Ennis House und Union Station.

The Broad, Teil 2
Eine halbe Stunde vor Öffnung bin ich wieder am Museum. Kurz vor 11 Uhr hat sich bereits eine lange Schlange gebildet. Es hat sich gelohnt, früher da zu sein. Das LACMA hat(te) seinen Rain Room, das Broad hat seinen Mirror Room. „The Souls of Millions of Light Years Away”, gestaltet von der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama, ist ein Highlight im Museum. Der Raum wird von unzähligen LEDs beleuchtet – von oben, unten und seitlich positionierten Spiegeln ergibt sich ein Gefühl, als würde man sich in einem Meer aus Sternen befinden. Der Besuch ist kostenlos, aber nur zugänglich mit einem Ticket. Das Ticket gibt es nur auf „First Come, First Served” am iPad-Kiosk in der Lobby und diese sind meist nach ein, zwei Stunden vergeben.

Mit diesen heiß begehrten Tickets werden die Besucherströme gesteuert, denn jeder Besucher darf diesen Raum nur 45 Sekunden betreten. Ja, richtig gelesen, nur 45 Sekunden! Ich bin darauf vorbereitet und habe die Serienbelichtung an der Kamera aktiviert. Da sich die Beleuchtung sekündlich ändert, die beste Variante um scharfe Bilder zu bekommen. Ein fantastisches Erlebnis, und kein Foto kann diesen Moment wiedergeben. Anschließend fahre ich mit der Rolltreppe hinauf in die Galerie im zweiten Stock. Die Variante mit der Rolltreppe in der Elbphilharmonie gefällt mir aber besser. Die Exponate von Jeff Koons sind provozierend, mir gefallen sie. Am besten gefällt mir das 25 m lange Kunstwerk „In the Land of the Dead, Stepping on the Tail of a Rainbow” von Takashi Murakami. Phänomenal.

Bücher
Auf dem Rückweg zum Hotel komme ich an einem Buchladen vorbei. Nicht an irgendeinem, sondern am The Last Bookstore. Die Gestaltung im Zwischengeschoss ist urig – Bücher die scheinbar wahllos aus den Regalen hängen, ein Tunnel aus Büchern, ein begehbarer Safe mit Horror-Romanen und versteckte Nebenräume mit freistehenden Skulpturen. Selbst wer ein Lesemuffel ist, der Besuch lohnt sich. Ob der Spruch auf der Homepage ein Hinweis ist? „What are you waiting for? We won’t be here forever.” Der größte Buchladen in Kalifornien ist aber verhältnismäßig klein im Vergleich zu Powell’s Book in Portland, Oregon. Powell’s Book ist vier Mal so groß und der größte Buchladen in Amerika.

Über die Parkanlage Pershing Square laufe ich zurück zum Hotel. Ich lege noch ein Päuschen in der französischen Bäckerei und Patisserie Pitchoun! ein. Es gibt zum Lunch ein Pan Bagnat, belegt mit Tuna • Tomatoes • Hard-Boiled Egg • Olives Niçoises • Radishes • Bell Peppers • Celery • Green Onions • Anchovies • Classic Vinaigrette • Pan Bagnat Bread, sowie ein Raspberry Tart.
Fototipp: Die Metro-Station Pershing Square mit ihrer Neon-Beleuchtung ist nachts ein nettes Fotoobjekt. Die Station Hollywood/Highland ist sogar noch fotogener – die schönste Metro-Station in Los Angeles.

Griffith Observatory
Seitdem ich Los Angeles besuche, steht das Griffith Observatory auf meiner To-Do-Liste. Immer wieder habe ich den Besuch aufgeschoben, beim achten Anlauf klappt es endlich. Das Griffith Observatory zählt zu den meist besuchten, aber auch überlaufenen Sehenswürdigkeiten in der Stadt. Ich bin rechtzeitig dort und ergattere sogar einen Parkplatz direkt am Trailhead. $24 für vier Stunden auf dem großen Parkplatz ist natürlich Abzocke. Ich wandere zuerst hinauf zum Hollywood Summit und anschließend über dem Hollywood Trail zu einer Stelle, wo ich das Observatorium und die Skyline am besten im Blick habe. Ungläubig blicke ich auf einem fast smogfreien Himmel. April und Oktober sind normalerweise die besten Monate um einen klaren Himmel zu sehen, aber was ist schon normal in Los Angeles. Es ist eine unbeschreibliche Aussicht auf das Lichtermeer der Stadt.

Das Biest
Wo gibt es ein Restaurant in Los Angeles, wo man spätabends noch gut essen kann? Eine dieser Hot Spots ist das Bestia im Arts District. Seit der Eröffnung 2012 gehört das italienische Restaurant zu den meist besuchten Restaurants in Los Angeles. Kurzfristige Reservierungen sind schwierig, selbst Prominenz wird abgewiesen, wenn der Laden voll ist. Mitinhaberin Genevieve Gergis sagt: „All customers are the same to us, it doesn’t matter if you have money, if you're on TV or whatever.” Gott sei Dank habe ich noch einen Tisch um 21 Uhr ergattern können. Ich habe keine Lust mehr mit dem eigenen Auto zufahren und nutze den Fahrzeugservice von Uber.

Das Restaurant befindet sich in einem umgebauten Lagerhaus. In riesengroßen Buchstaben steht der Name auf der braunen Wellblechfassade. Vor dem Eingang hat sich eine Schlange gebildet und wartet auf Einlass. Durch einen kleinen Innenhof gelange ich den großen Speisesaal. Im ersten Moment erschrecke ich von der extrem hohen Geräuschkulisse, die Ohropax können zwar in der Tasche bleiben, aber für eine verständliche Unterhaltung braucht man einen Lautsprecher. Die Einrichtung im urbanen Industriedesign gefällt mir sehr, vom Sitzplatz kann ich direkt in die offene Küche blicken. Die Speisekarte muss ich nicht studieren, diese habe ich schon online gelesen.

Das Bestia wird für seine Charcuterie gelobt, aber die Platte gibt es erst ab zwei Personen und um diese späte Uhrzeit liegt das schwer im Magen. Ich bestelle stattdessen drei Vorspeisen, eine Pasta und ein Dessert. Ich starte mit einem kleinen Hummer-Snack. Der nussige Geschmack des Hummers vermischt sich mit feinen Röstaromen. Ein feiner Auftakt. Es folgt der Klassiker des Hauses – Markknochen mit Spinat-Gnocchetti, knusprige Semmelbrösel und Balsamico. Zuerst verteile ich das Mark unter die Gnocchetti. Wow, was ist das für ein intensiver Geschmack, dazu gibt es noch einen Salat. Die Pasta ist ebenfalls sehr lecker. Der Duft des schwarzen Trüffel vermischt sich mit einer milden Käsesoße. Sehr geschmackvoll und sättigend. Das feine Schokoladen-Dessert ist dann der Abschluss.

3. Tag   LOS ANGELES

Arts District
Los Angeles ist die Welthauptstadt der modernen Wandmalerei. Seit den 1960er Jahren gehören die Straßenkünstler von Los Angeles zu den Pionieren dieser Kunstform. Tausende von Murals von klassisch bis modern verteilen sich in der Stadt. Nach einem elfjährigen Verbot ist es seit 2013 unter Auflagen wieder erlaubt Murals legal anzubringen. Die größte Ansammlung findet man im Arts District am östlichen Stadtrand von DTLA.

Der Anblick während der Fahrt auf der 6th Street zum Arts District ist erschütternd. Hier leben Tausende von Obdachlosen auf der Straße, verteilt über mehrere Blocks reiht sich ein Zelt an das andere. Wer hier nachts entlang läuft, ist lebensmüde. An einem Parkplatz komme ich mit einem Detective ins Gespräch. Sie erzählt mir, dass dieser Abschnitt der 6th Street die schlimmste und gefährlichste Straße in dieser Umgebung sei und warnt mich dort anzuhalten. Ich gehe jetzt erstmal im Urth Caffé frühstücken. Es ist das Szene-Café im Arts District und ich reihe mich geduldig in die Warteschlange ein. Der Honey Vanilla Latté duftet prima, ist aber viel zu süß. Das Mexican Omelet (Three Eggs • Roma Tomatoes • Green Chilies • Red Onions • Monterey Jack Cheese • Cilantro • Fresh Salsa) macht satt. Die hausgemachten Kuchen schauen einladend aus, aber Lust auf süßes habe ich nicht mehr.

Ich hole die Kamera heraus und schaue auf meine Mural-Karte. Im Zickzackkurs geht es entlang der Colyton, East 2nd, East 3rd, S Garey, S Hewitt St, Traction Ave und East 4th Place. Manche Murals gefallen mir, manche finde ich kitschig. Das eine oder andere Mural ist nicht mehr aufzufinden, andere neu hinzugekommen. Hübsch sind Colette Miller's „Angel Wings”, aber nur wenn man sich davor fotografieren lässt. Ich weiß nicht genau, wie viele es davon in Los Angeles gibt, aber über ein Dutzend dürften es schon sein. Sehr sehenswert sind die großformatigen Tiere des belgische Künstler ROA, darunter ein Bär, Skelett, Dachs und Opossum. Erst danach bemerke ich, dass ich versehentlich mit dem Drehrad von RAW auf JPEG gewechselt bin. Ärgerlich, aber kein Drama. Viel schlimmer wäre es, wenn ich mit dieser Einstellung in der Nacht fotografiert hätte. Die Out-of-Cam-JPEGs sind so gut, dass ich in außer Objektivkorrektur kaum etwas korrigieren muss.

Der Arts District ist eine der angesagtesten Viertel in Los Angeles. Hier hat sich das Craft-Bier-Zentrum von Los Angeles entwickelt. Sieben Brauereien haben sich mittlerweile in DTLA niedergelassen. Die schönste ist zweifellos die Angel City Brewery. Die Brauerei befindet sich in einem über hundert Jahre altem Ziegelgebäude, bemalt mit unzähligen Murals. Leider öffnet der Taproom erst um 16 Uhr. Anstatt ein kühles Bier gibt es eine Ice Cream. Salt & Straw kommt ursprünglich aus Portland in Oregon und ist bekannt für schräge Aromen. Olive & Ziegenkäse muss es nicht sein, ich probiere Coffee & Bourbon und Roasted Strawberry Coconut. Das Eis schmeckt sehr lecker, dafür lasse ich jedes Ben & Jerry's stehen. Außer in Portland und Los Angeles gibt es Salt & Straw noch in San Diego, San Francisco und Seattle. Los Angeles ist ein Paradies für Liebhaber von Street Food. Es ist nicht Bangkok, aber für amerikanische Verhältnisse ein unglaublich vielseitiges Angebot.

Eigentlich wollte ich nochmals das Sixth Street Viaduct aka Sixth Street Bridge fotografieren. Von hier aus hat man eine fantastische Aussicht auf die Skyline von Los Angeles. Die Brücke aus dem Jahr 1932, Drehort unzähliger Kinofilme und Musikvideos, ist aber nun Geschichte. Die marode Brücke wurde 2016 abgerissen und wird bis Ende 2020 durch eine moderne Brückenkonstruktion ersetzt werden. Auch wenn Los Angeles eine historische Ikone verliert, „The Ribbon of Light” wird bestimmt eine neue Sehenswürdigkeit. Sehenswerte Brücken gibt es in Los Angeles eigentlich keine, außer die Shakespeare Bridge in den Franklin Hills. Die im Gotik-Stil errichtete Brücke wurde im Jahr 1929 errichtet.

PDC
Am westlichen Ende der Melrose Ave befindet sich das vom argentinischen Architekten Cesar Pelli entworfene Pacific Design Center. Es ist mit über dreihundert Showrooms das größte Zentrum für Interieur-Design an der Westküste. Der Campus besteht aus drei Gebäude, die in drei Bauabschnitten zwischen 1977 und 2012 errichtet wurden. Das erste Gebäude ist das Center Blue, das aufgrund seiner enormen Größe den Spitznamen „Blue Whale” bekommen hat. 1988 wurde das Center Green errichtet und 2012 das Center Red. Die knalligen Farben sind tagsüber eine tolle Foto-Location und erst recht nachts. Aus dem fotografischen Blickwinkel gefällt mir das Center Red am schönsten. Die spitzen Formen erinnern mich an einem riesigen Ozeandampfer.

Ebenfalls sehenswert ist die Blue Lobby, noch fotogener finde ich die Rolltreppen im Center Green. Die geschwungene Linien sehen abstrakt aus. Zudem ist jede der sechs Etagen mit Lichtbändern versehen. Bei besonderen Veranstaltungen werden die Lichtbänder entsprechend beleuchtet, zum Beispiel in Regenbogenfarben während LGBT-Events. Irgendwie logisch, das PDC liegt im Zentrum der LGBT-Community von Los Angeles. Ich komme an der Magnolia Bakery vorbei. Hier wird noch alles penibelst in Handarbeit hergestellt. Ich nehme mir die Zeit für einen Latte und einen Banana Creme Pie. Der Pie ist locker cremig, aber eine Spur zu süß. Die Torten in der Auslage sind ein Eye-Catcher, Amerikaner lieben so etwas.

I am Googie
Als ich mein Interesse an Moderne Architektur entdeckte, beschäftigte ich mich zwangsläufig mit Googie. Googie (ausgesprochen GOO-jee) ist ein Architekturstil, der seinen Ursprung in Südkalifornien hat und in den 1950er und 1960er Jahren in Amerika sehr beliebt war. Googies Wurzeln liegen in der Streamline Moderne Architektur der 1930er Jahre. Der Name stammt von dem Architekten John Lautner. Er eröffnete 1949 einen Coffee Shop Googie’s am Sunset Blvd. Eines Tages hielt der Architekturkritiker Douglas Haskell davor und sagte den vielzitierten Spruch: „This is Googie Architecture.” Ein Artikel im Magazin „House and Home” brachte dann den Stein ins rollen. Viele Restaurants, Coffee Shops, Motels, Tankstellen, Autowaschanlagen und Drive-Ins wurden in den 1950er und 1960er Jahren in diesem Stil gebaut.

Beeinflusst vom Weltraum- und Atomzeitalter ist Googie eine Mischung aus Modernismus, amerikanischer Autokultur und Space-Age-Futurismus. Googies haben geometrische oder abstrakte Formen, Zickzack-Dachlinien, geschwungene nach oben geneigte Dächer, Formen von fliegenden Untertassen, Bumerangs oder Strahlenkränze. Nicht nur in Kalifornien, sondern auch in Texas, Florida, Nevada und New Jersey verbreitete sich rasant diese Architektur. Das Las Vegas der 1950er Jahre war berühmt dafür, das wohl bekannteste Überbleibsel ist das „Welcome to Fabulous Las Vegas” Schild.

Berühmte Googies außerhalb Kalifornien sind die Space Needle in Seattle, der Skylon Tower in Niagara Falls, das TWA Flight Center in NYC oder der Washington Dulles International Airport. Sehenswerte Googies gibt es in Los Angeles nur noch wenige zu sehen. Meine Favoriten sind Bob's Big Boy, Chips, Downey McDonalds, Driftwood Dairy, Mel's, Norms, Pann's, Theme Building, Union 76. Auch wenn die Googie-Architektur mittlerweile in Vergessenheit geraten ist, in vielen Motels, Cafés und Diner ist sie immer noch gegenwärtig.

Roter Stahl
Am Nachmittag fahre ich ins Stadtviertel Miracle Mile. Die Museum Row ist der Abschnitt des Wilshire Boulevard, wo sich eine Vielzahl von Museen und Galerien befinden, unter anderem das Craft and Folk Art Museum, Edward Cella Gallery, LACMA, Page Museum, Petersen Automotive Museum. Das 1994 vom Verleger Robert E. Petersen errichtete Petersen Automotive Museum, gehört zu den größten Automuseen in den USA. Das Museum wurde 2015 für $125 Millionen innen wie außen neu gestaltet. Die ehemals schmucklose Außenfassade hat einen neuen Look verpasst bekommen und ist jetzt von einer Edelstahlbandkonstruktion umhüllt. Das Museum besteht aus drei Themenebenen Geschichte, Industrie und Kunst.

Zwei Stunden habe ich für dem Besuch eingeplant. Das passt zeitlich perfekt, denn so lange kann man kostenlos in einer Seitenstraße parken. Alternativ kann man das Auto in der Petersen Garage für $15 bis 23 Uhr abstellen. Ideal, wenn man mehrere Museen besuchen möchte. In den Ausstellungsräumen stehen einige tolle Autos und Motorräder. Einige berühmte Filmautos sind auch darunter, unter anderem der restaurierte DeLorean aus „Back to the Future”, das Batmobile aus „Batman” und „Batman Returns” oder der 58er Plymouth Fury aus „Christine.” Fast hätte ich ihn unterschlagen, „Herbie the Love Bug” steht natürlich auch da. Mein absoluter Favorit ist aber das Kunstwerk „New Improved Ultima Suprema Deluxa”, ein umgebauter 1959 Cadillac Eldorado. Alleine für dieses Auto hat sich der Besuch gelohnt.

Schräg gegenüber vom Petersen Automotive Museum befindet sich das Los Angeles County Museum of Art aka LACMA. Ich habe noch genügend Zeit das LACMA zu besuchen. Auch wenn einige interessante Exponate darunter sind, fällt die Spannung deutlich ab. Immerhin, ganz nett ist die Skulptur „Urban Light.” Dieses Kunstwerk vom dem amerikanischen Performance-Künstler Chris Burden besteht aus 202 restaurierten Straßenlaternen aus den 1920er und 1930er Jahren. Mit der Perspektive aus dem Superweitwinkel oder Fisheye gefällt es mir am besten.

Gold
Der 21. Juli 2018 war ein trauriger Tag für die amerikanische Gastronomieszene. An diesem Tag verstarb der Restaurantkritiker Jonathan Gold im Alter von nur 57 Jahren. Jonathan Gold war kein gewöhnlicher Restaurantkritiker, er war Wegbereiter für einen neuen erfrischenden Food-Journalismus. Er nahm Street Food genauso ernst, wie Sterne-Tempel. Gold ist der erste und bis heute der einzige Restaurantkritiker, der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde.

Vorsehung
Das Restaurant Providence steht auf Platz zwei in Jonathan Golds letzter Ausgabe 101 Best Restaurants in L.A. Das hat natürlich mein Interesse geweckt. Das Providence befindet sich in einem unauffälligen Gebäude, Ecke Melrose und Cole. Ich habe einen Tisch für 21.30 Uhr reserviert. Einen freien Parkplatz entlang der Melrose Ave zu finden, ist wie die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Bevor ich ewig nach einer Parklücke Ausschau halte, nehme ich gleich den Valet-Service in Anspruch. Ich bin etwas zu früh dran. Ich darf an der Bar Platz nehmen und überbrücke die Wartezeit mit einem Drink Faux-Loma (Charred Sweet Pepper Shrub • Grapefruit • Lime • Soda).

Nachdem Michael Cimarusti 1991 sein Studium am Culinary Institute of America mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, arbeitete er mit dem berühmten Koch Larry Forigone zusammen. Weitere Stationen waren unter anderem Le Cirque in NYC, wo er mit Paul Bocuse, Gerard Boyer und Roger Vergé arbeitete. Seinen kulinarischen Horizont erweiterte er im La Marée und Arpège in Paris. Es folgten das Spago in Hollywood und Water Grill in Downtown Los Angeles. 2005 eröffnete Michael Cimarusti zusammen mit Donato Poto das auf Seafood spezialisierte Providence. Cimarusti und das Providence haben unzählige Auszeichnungen erhalten, unter anderem zwei Sterne vom renommierte Restaurantführer Michelin. Ich bin gespannt, ob das noch zutreffend ist, denn seit 2009 bewertet der Michelin Guide nur noch Chicago, New York City, San Francisco Bay Area und Washington D.C.

Ungewöhnlich sind die fast fensterlosen Räumlichkeiten. Die Wände sind in warmen Farbtönen gehalten und mit Muscheln dekoriert. An der Decke hängen Fischernetze und Lampen. Ich sitze im dunkel gehaltenen Nebenraum, der mir optisch nicht besonders behagt. Drei Menüs stehen zur Auswahl – fünf, sieben oder elf Gänge. Ich bestelle das volle Programm. Es beginnt mit einem neunteiligen Amuse-Bouche, danach folgt ein hausgemachtes Sauerteigbrot, dass kurz davor gebacken wurde. Dazu ungesalzene Butter aus der Normandie und Meersalz. Ich frage mich nur, warum muss es unbedingt französische Butter sein? Amerikanische Butter ist genauso gut.

Die sechs Fischgänge sind durchweg sehr gut bis hervorragend, der Fleischgang enttäuscht dagegen. Dem Wagyu fehlt der intensive Schmelz, den ich von dieser Fleischsorte gewohnt bin. Ein Ausreißer im bisher sonst vorzüglichen Menü. Es folgt Local Cheese aus New York, Indiana, Maine und Vermont. Wer sagt nur Franzosen können guten Käse machen? Die Desserts finde ich handwerklich gut gemacht, zeugen aber von wenig Kreativität. Das Seafood war exzellent, Fleisch und Desserts leider nicht auf diesem Niveau. Trotzdem ganz großes Kino auf Zwei-Sterne-Niveau.